Therapie von Angststörungen - Behandlung bei Angstzuständen
Warum wir Angst nicht wegdrücken können:
sie ist biologisch verankert
Der Körper hat eine biologisch angelegte Sicherheits- und Warnfunktion, die von unserem autonomen Nervensystem ausgeführt wird: Alles, was wir sehen, hören, riechen oder spüren, wird auf Gefährlichkeit überprüft. Bei möglichen Gefahren fährt das Autonome Nervensystem die Anspannung hoch, egal ob wir das wollen oder nicht. Auch wenn unser Verstand meint, dass das nicht nötig sei. Angst hat eine biologisch angelegte Schutzfunktion.
Oft sagen Klienten "Ich weiß nicht, warum mich das so aufregt." Oder "Ich will mich nicht so aufregen. Das ist doch sinnlos." Die Angst bzw. die Aufregung im Körper dient unserer Sicherheit. Dass sie kommt, können wir nicht beeinflussen. Aber wir können für Entwarnung sorgen!
Angst ist von Natur aus keine Krankheit, sondern eine angeborene Reaktion auf Gefahr. Sie kann allerdings übertriebene Ausmasse annehmen. Sie kann unbegründet sein, zu oft oder zu intensiv auftreten. Aus dem Warnsignal vor Gefahr kann ein Daueralarm werden. Wie passiert das?
Wie wird aus einer sinnvollen Angstreaktion eine generalisierte Angststörung?
Angststörungen haben immer eine Geschichte. Über einen längeren Zeitraum wirken Erfahrungen mit verunsichernden Situationen zusammen. Und zwar auf drei relevanten Ebenen:
Auf der Körperebene - Der Stress durch Unsicherheit lässt die Anspannung in Muskeln und Nerven ansteigen.
Auf der geistigen Ebene: Bei Unsicherheit sucht unsere Denken ständig nach Gefahren, wir machen uns Sorgen, sind unruhig.
Auf der emotionalen Ebene: Unsicherheit führt zu unangenehmen Gefühlen wie Unwohlsein, Beklemmung, Hilflosigkeit, Angst oder auch Wut.
Um eine Angststörung zu verstehen und zu lösen, müssen diese drei Ebenen näher untersucht werden.
Wie beeinflußt der Körper die Angst?
Heutzutage geht die Gefahr weniger von gefährlichen Raubtieren aus, als von der Aggressivität anderer Menschen, von verbalen Angriffen, Mobbing, von beruflicher oder finanzieller Unsicherheit. Diese Dinge lassen die Aufregung genauso steigen, wie früher der Tiger.
Der Körper lernt immer mit. Bei allem, was wir tun, werden die dazugehörigen Körperreaktionen ohne unser Zutun auf einer unbewußten Ebene - implizit genannt - gespeichert. Das implizite Gedächtnis speichert vorrangig Körperreaktionen bei Stress und Angst, um bei der nächsten gefährlichen Situation zu warnen. Wenn Stress oder Angst beim Lernen beteiligt waren, können implizite Erinnerungen Schwierigkeiten bereiten.
Zum Beispiel: jahrelang ist das Autofahren normal verlaufen, hat sogar Spass gemacht hat. Dann treten plötzlich starke körperliche Angstreaktionen im Stau auf, die wir nicht einordnen können. Möglicherweise erinnert sich das implizite Gedächtnis da an eine uns gerade nicht bewußte Situation in der das "Warten-Müssen" eine starke Belastung war. Vielleicht hat sich das "Warten-Müssen" früher einmal bedrohlich angefühlt. Dann schlägt der Körper Alarm. Das kann sehr irritierend sein und noch mehr Angst hervorrufen. Beim "Verlernen" wird sinnvollerweise der Körper unterstützt, die Gefahrenmeldung wieder zu löschen.
Wie beeinflussen Gedanken die Angst?
Die Bewältigungsstrategien wie wir mit Angst umgehen, spielen eine große Rolle. Sehr verbreitete, fast automatische Reaktionen auf Angst sind „sich zusammenreissen, sich nichts anmerken lassen, sich durchbeissen, dagegen ankämpfen, alles kontrollieren wollen, voraus planen“. Viele dieser Lösungen funktionieren durchaus. Kurzfristig. Auf lange Sicht und gewohnheitsmäßig angewandt, erzeugen sie dagegen viel Druck. Sie ändern aber nichts daran, dass immer wieder Angst entsteht oder sogar stärker wird. Wer seine Angst wegdrückt sorgt dafür, dass sie bald wiederkommt. So entstehen Angst-Kreisläufe.
Welche Rolle spielen Gefühle bei Angst?
Angst macht sich durch deutlich spürbare Signale bemerkbar - wie Herzklopfen, Atemnot, zittrige Hände, Benommenheit/Schwindel, weiche Knie. Solange wir verstehen, womit diese Körperreaktionen zusammenhängen, ist alles gut. Wenn wir aber nicht wissen, was sie bedeuten, machen wir uns Sorgen, entwickeln Katastrophenvorstellungen und steigern uns in übertriebene Angstgedanken hinein. Angstgedanken, die sich mit möglichen Gefahren beschäftigen und dabei die Verbindung mit den realen Gegebenheiten verlieren, sind kaum noch zu stoppen. Jedes neue Symptom, jede Missempfindung kann einen neuen Angstzyklus in Gang setzen und löst emotionale Reaktionen wie Verwirrung, Unbehagen, Überforderung, Versagen, Hilflosigkeit aus.
Ängste behandeln - so wirkt Somatic-Experiencing
Die häufigste Reaktion auf das Gefühl Angst ist, dieses Gefühl mit dem Verstand weg zu denken. Durch rationales Denken lassen sich Gefühle und vor allem die erhöhte Anspannung im Körper allerdings nicht auflösen. Es braucht die Fähigkeit, gezielt auf die jeweiligen Angstsymptome einzugehen. Das lernen Sie bei Somatic-Experiencing:
Ein zentraler Baustein in der Angsttherapie ist der Umgang mit den eigenen Körperreaktionen:
- Die von der Angst überaktivierten Alarm- und Überlebenszentren im Gehirn müssen beruhigt und stabilisiert werden.
- Das Verhältnis zu den eigenen Körpersignalen wird neu gestaltet. Dazu gehört auch ein Training zur Wahrnehmung positiver Körperempfindungen, damit sich das Wohlbefinden im eigenen Körper und das Gefühl von Sicherheit wieder einstellen können.
- Unbewusst gelernte Angstreaktionen werden ins Bewußtsein geholt und aufgelöst.
Ein weiterer Baustein ist die Veränderung der mentalen Angstreaktionen und Denkmuster, die die Angst aufrecht erhalten: Oft wird ein Teufelskreis der Angst beschrieben, bei dem sich starke körperliche Angstreaktionen (wie Herzrasen, Atemnot, Schwindel) und starke Angstgedanken (wie Befürchtungen, die Kontrolle zu verlieren) gegenseitig aufschaukeln. Es ist sehr wichtig, diese Reaktionsmuster in der Therapie herauszufinden, zu "verlernen" und alternative Reaktionsmöglichkeiten zu entwickeln